Künstliche Intelligenz – Intelligente Kunst? Mensch-Maschine-Interaktion und kreative Praxis

Transdisziplinäre Konferenz | 07.–09. Oktober 2022 | TU Braunschweig und online

An der TU Braunschweig findet eine Tagung zur Künstlichen Intelligenz in Literatur, Kunst und Musik statt. Mit meinem Beitrag zur Rauheit der Stimme nehme ich dort eine mögliche Fehlerästhetik der musikalischer KI in den Blick.

Artificial Intelligence – Intelligent Art? Human-Machine Interaction and Creative Practice

Algorithmische Datenverarbeitung durchdringt nicht nur zunehmend den Alltag, sie wirkt auch in den Sphären kultureller Produktion wie Kunst, Literatur und Musik. Damit einher gehen u. a. Transformationen von Vorstellungen von Kreativität sowie nicht-anthropozentrische Perspektiven auf künstlerische Praktiken. Die Auseinandersetzung mit den ästhetischen, kulturellen und sozialen Implikationen dieser Entwicklung ist ein fortwährender Prozess, zu dem diese zweisprachige (Deutsch und Englisch) und transdisziplinäre Abschlusskonferenz im Rahmen des Projekts Von der Avantgarde zum Algorithmus: Automatisierte Kreativität in Literatur und Musik einen Beitrag leistet möchte.

Hier gehts zum ausführlichen Programm und zur Anmeldung!

Ich halte meinen Beitrag auf Englisch (deutsches Abstract s.u.):

Sunday 11:30 am: The Roughness of the Voice – Neuronal Networks, Failure Aesthetics and musical AI

So-called neural networks, especially Generative Adversarial Networks (Goodfellow et al. 2014), form a central method of machine learning in music production. This method is particularly interesting for music and art because it promises to be able to produce something new and surprising, in other words to show a kind of machine creativity (Cádiz et al. 2021). This creativity, be it something unexpected, inspiring or a unique sound characteristic, appears at the limits of AI through its limitations and malfunctions, the moments of failure of these technologies (Claussen 2020). In my lecture, I therefore contrast a kind of AI of clean musical notation formats on the one hand with a more phonographic or sound studies oriented AI on the other and discover the roughness, the special uniqueness in the sound of the neural networks. In doing so, references are made to positions in media studies as well as to the genre of the so-called Clicks & Cuts (Cascone 2000; Großmann 2003).

Die Rauheit der Stimme – Von der Klangästhetik fehlerhafter Audiowiedergabe zur musikalischen KI und zurück

Medien werden an ihren Grenzen wahrnehmbar. Spätestens wenn die Übertragung von Klängen fehlerhaft ist, wenn das Radio rauscht, das Tonband leiert oder Artefakte beim digitalen Sampling entstehen, wird das Medium hörbar (Claussen 2020).
Sogenannte Neuronale Netzwerke insbesondere Generative Adversarial Networks (Goodfellow u. a. 2014) bilden eine zentrale Methode des Maschinellen Lernens in der Musikproduktion. Diese Methode ist für Musik und Kunst besonders interessant, weil sie verspricht, etwas Neues und Überraschendes produzieren zu können, mit anderen Worten eine Art von maschineller Kreativität zu zeigen (Cádiz u. a. 2021). Diese Kreativität, sei sie etwas Unvorhergesehenes, Inspirierendes oder eine einzigartige Klangcharakteristik, tritt an den Grenzen der KI in Erscheinung durch ihre Limitierungen und Fehler, die Momente des Scheiterns dieser Technologien. In meinem Vortrag stelle ich daher eine Art KI sauberer musikalischer Notationsformate auf der einen Seite einer eher phonographischen oder Sound Studies orientierten klangwissenschaftlichen KI auf der anderen Seite gegenüber und entdecke die Rauheit, die besondere Einzigartigkeit im Klang der neuronalen Netze. Dabei werden unter anderem Bezüge zu medienwissenschaftlichen Positionen sowie zum Genre der so gennannten Clicks & Cuts hergestellt (Cascone 2000; Großmann 2003).

Cádiz, Rodrigo F., Agustín Macaya, Manuel Cartagena, und Denis Parra. 2021. „Creativity in Generative Musical Networks: Evidence From Two Case Studies“. Frontiers in Robotics and AI 8:680586. doi: 10.3389/frobt.2021.680586.
Cascone, Kim. 2000. „The Aesthetics of Failure: “Post-Digital” Tendencies in Contemporary Computer Music“. Computer Music Journal 24(4):12–18. doi: 10.1162/014892600559489.
Claussen, Jan Torge. 2020. „Audio-Hacks: Apparative Klangästhetik medientechnischer Störungen“. Die Attraktion des Apparativen 203–18. doi: 10.30965/9783846765098_015.
Goodfellow, Ian J., Jean Pouget-Abadie, Mehdi Mirza, Bing Xu, David Warde-Farley, Sherjil Ozair, Aaron Courville, und Yoshua Bengio. 2014. „Generative Adversarial Networks“. ArXiv:1406.2661 [Cs, Stat].
Großmann, Rolf. 2003. „Spiegelbild, Spiegel, leerer Spiegel. Zur Mediensituation der Clicks & Cuts“. S. 52–68 in Soundcultures: Über elektronische und digitale Musik. Bd. 1, herausgegeben von M. S. Kleiner und A. Szepanski. Suhrkamp.