… Ich steige die Stufen hinauf und höre meine Schritte dumpf auf dem festen Beton. Es klingt massiv und dabei leicht verhallt, jeder Schritt ähnlich, aber keinesfalls gleich. Meine Turnschuhe verweilen nur ganz kurz auf den einzelnen Stufen, manchmal vielleicht auch etwas länger, und wenn ich um die Ecke laufen muss, scheint sich die Raumakustik zu ändern. Das Treppenhaus ist grau und karg. Die massive Feuerschutztür, eben geöffnet, fällt krachend ins Schloss. Die Stufen sind zwar aus Beton, aber die Oberfläche der Podeste zwischen den Stockwerken sind aus einem anderen, einem weicheren Material. Ich höre die Reisverschlüsse meines Rucksacks, das Rascheln meiner Kleidung. Jetzt nehme ich zwei Stufen auf einmal. Der Rhythmus meiner Schritte ist weniger unregelmäßig. Mein Atem geht schneller. In der Hosentasche klimpern meine Büroschlüssel. Ich nehme sie heraus. Noch bevor ich die Türklinke herunterdrücke, erwarte ich das Quietschen meiner Schuhe auf dem Linoleumfußboden dahinter zu hören …
Interaktive Gaming Soundtracks
Ein im Vergleich zur Architektur von Konzerthäusern oder virtuellen Klangräumen in Games trivial erscheinendes Treppenhaus, eröffnet beim Zuhören ein unerwartet hohes Maß an Komplexität, selbst wenn ich nur Treppen steige und nicht unkonventionell mit dem Geländer, den Stufen oder etwa dem Volumen des Raumes interagiere. Eine kurze autoethnografische Beschreibung der individuellen Klangwahrnehmung, wie hier des Treppenhauses, das ich auf dem Weg in mein Büro im vierten Stock durchschreite, kann die Auseinandersetzung mit interaktiven Soundtracks fördern, die den Spieler*innen von Games im digitalen Raum begegnen.
Mit Spielen Musik (mit)spielen lernen –Interaktive Soundtracks, dynamische Schwierigkeitsgrade und Musikgeschichten in Games
Die vorangegangenen Textpassagen sind meinem Kapitel „Mit Spielen Musik (mit)spielen lernen –Interaktive Soundtracks, dynamische Schwierigkeitsgrade und Musikgeschichten in Games“ entnommen, das 2025 im Sammelband Zwischen Kinosound und Game Audio: Film – Musik – Vermittlung (hrsg. von Thomas Krettenauer und Lars Oberhaus) erschienen ist. Dort analysiere ich unterschiedlicher Games und thematisiere das Mitspielen durch
- die Realisation eines interaktiven Soundtracks,
- das Mitspielen von Songs und musikalischen Sequenzen auf einem Controller bzw. auf einer konventionellen E-Gitarre sowie
- das Mitspielen als Nacherzählen musikalischer Geschichten.
Im Gegensatz zu anderen Definitionen von Soundtracks, die zwischen den Tracks und Sounds bzw. den Musikstücken und Soundeffekten, Geräuschen und Ähnlichem trennen, wähle ich eine sehr breite Perspektive, die sämtliche jeweils vorhandenen klanglichen Ebenen der Medien einschließt.
Zwischen Kinosound und Game Audio Film – Musik – Vermittlung (informationen vom Waxman-Verlag)
Thomas Krettenauer, Lars Oberhaus(Hrsg.)
2024, 372 Seiten, broschiert, 44,90 €, ISBN 978-3-8309-4887-2
Mit Beiträgen von
Claudia Bullerjahn, Jan Torge Claussen, Carolin Ehring, Bettina Henzler, Richard Hötter, Barbara Hornberger, Peter Imort, Felix Janosa, Josef Kloppenburg, Franziska Kollinger, Thomas Krettenauer, Georg Maas, Jennifer Nowak, Lars Oberhaus, Patric Pfister, Johannes Repka, Matthias Rheinländer, Steffi Rocker, Norbert Schläbitz, Christoph Stange, Meike K. Stein, Christina Strunz, Claus Tieber, Jan Willem de With
In den letzten Jahren hat sich die internationale Film- und Kinokultur grundlegend verändert. Der Wandel betrifft die Produktion und Distribution von Audiovisionen und damit auch die Praktiken im Kontext der künstlerisch-technischen Herstellung und Konsumption. Ebenso wurden Fachdiskurse erweitert, die dazu herausfordern, Musik und Film im Kontext von Medienbildung und Schule zeitgemäß zu vermitteln.
Mit dem Titel Zwischen Kinosound und Game Audio wird eine historische Entwicklung angedeutet, welche die Medienvielfalt von Kino, TV, Video, Internet und Gaming hervorhebt. Ebenso wird die Vielschichtigkeit des Themenfelds aufgegriffen, insofern produktionstechnische und filmästhetische Entwicklungen (z.B. Filmtongestaltung, Sounddesign) verstärkt Eingang in den musik- und filmpädagogischen Diskurs erhalten haben. Im Rahmen einer solchen Konzeption, die auf eine interdisziplinäre Film-Musik-Literacy ausgerichtet ist, werden aber auch Aspekte berücksichtigt, die besonders für den schulischen Musikunterricht von Relevanz sind.