Remixing Youtube – Über DJ-Kultur, Videoklone und ReSync-Attacken

Remixing Youtube – Über DJ-Kultur, Videoklone und ReSync-Attacken. In: Valie Djordjevic, Leonhard Dobusch (Hrsg.), Generation Remix. Zwischen Popkultur und Kunst, Berlin: iRights.Media 2014
 

Es ist kein Geheimnis mehr: Wir leben in einer Remixkultur. Kopieren, Ausschneiden und Einfügen sind nicht nur Standardfunktionen von Computerprogrammen, sondern schreiben sich tief in unsere Kultur ein. Texte, Bilder und Musik anderer Autoren oder Künstler gelten zwar seit jeher als Inspirationsquelle und Material für die Entstehung neuer Werke, im digitalen Zeitalter sind sie jedoch wesentlich zugänglicher geworden und können gleichzeitig verlustfrei kopiert und verbreitet werden. Das Internet ist Materialquelle und Publikationsplattform zugleich. Egal ob es sich um Reiseberichte, Kochanleitungen, Nachrichtensendungen, Einkaufslisten, DJ-Sets, Fernsehserien oder Gedichte handelt – Plattformen wie Google, Facebook oder Youtube stellen in einem Wimpernschlag einen individuellen Mix aus gesuchten, angesagten und empfohlenen Medien zusammen. Nie war es einfacher und naheliegender, veröffentlichte Werke in neuen Zusammenhängen wiederzuverwenden. Was sich auf den Web-Plattformen vollzieht, ereignet sich auch in den einzelnen medialen Produkten – kein Werk, das nicht Anleihen von anderen in sich trägt – kein Werk, das aus der Nähe betrachtet nicht als Bearbeitung, Verwandlung, Kopie, Weiterentwicklung oder Verweis gelten kann.

Insbesondere auf Youtube können wir Zeuge einer in vielerlei Hinsicht musikalisch geprägten Kultur der Aneignung und Bearbeitung bereits veröffentlichter Werke werden. Die Entwicklung dieser Kultur wird durch eine Rechtsprechung ausgebremst, die insbesondere in Deutschland unter dem Vorwand des Schutzes der Urheber – der Künstler, Musiker, Autoren – das ungefragte Zusammenmischen originärer Inhalte verbietet. Nach geltendem deutschen Urheberrecht ist bereits die unautorisierte Verwendung kurzer Ausschnitte unzulässig, unabhängig davon, ob daraus ein eigenständiges Werk entsteht, ob ein finanzieller Gewinn angestrebt wird oder ob ein Schaden für den Urheber entsteht. Dabei ist kreatives Kopieren und Wiederverwenden, wie der Journalist Dirk von Gehlen (2011) in seinem Buch „Mashup: Lob der Kopie“ umfassend darstellt, eine grundlegende und durchaus lobenswerte Kulturtechnik unserer Gesellschaft. Die Praxis der Internetnutzer, Musiker und Youtube-Produzenten spricht dementsprechend eine andere Sprache als das geltende Urheberrecht. Eine weit verzweigte Kultur der Kopie und Collage, technische Innovationen sowie vernetzte Online-Identitäten bedingen vielschichtige Ausdrucksformen.